„Der alte Weidenmann“: ein Märchen in Reimform
Mit „Der alte Weidenmann“ von Holger Much und Asp Spreng ist ein ganz besonderes Buch bei mir eingezogen. Ein 96 Seiten starkes Bilderbuch – eine märchenhafte Geschichte in Versen, zauberhaft illustriert („nein, illuminiert!“, schreibt Asp auf dem Klappentext). Ein Buch, über das ich meinerseits ein paar Worte schreiben muss. Und wundere mich gerade gleichzeitig ein wenig darüber, dass ich bislang auf diesem Blog noch nie ausführlicher über ASP (oder Asp) geschrieben habe.
Denn wer mich kennt, weiß, wie sehr ich die Band ASP verehre – und müsste ich erklären, warum, würde das den Rahmen eines Blogbeitrages sprengen. (…)
Das Bisher. Und überhaupt.
Ein beträchtlicher Teil meiner Verehrung liegt in der geradezu literarischen Qualität der ASPschen Lieder begründet. Nicht umsonst bezeichnet die Band ihr eigenes Musikgenre als Gothic Novel Rock: in Töne gegossene Gothic Novels. Schauergeschichten und tiefschwarz-romantische Erzählungen um Schwarze Schmetterlinge, Wechselbälger und Weltenwanderer, dämonische Liebe, Knochenmänner, Nachtgestalten, Wolfsspuren im Schnee … Zwielichtgeschichten, Frühlingsgeschichten – Herbstgeschichten von verwandt anmutenden Herbstseelen. Wie könnte ich der erzählerischen Kraft vor allem der Texte nicht verfallen? Asp Spreng ist nicht nur ein Geschichtenerzähler wie kein anderer – er vermag es so begnadet mit Worten umzugehen, dass ich das eine ums andere Mal schon den gedanklichen Kniefall vollzogen habe ob der Schönheit einer Metapher oder der Kraft eines einzigen Satzes! Wenig verwunderlich, dass es nicht nur (und das Nur ist hier lediglich im Sinne von „ausschließlich“ zu verstehen!) Lieder aus Asps Feder gibt, sondern auch geschriebene Erzählungen …
Und mit „Der alte Weidenmann“ halte ich nun also eine neue in den Händen. „Asp Sprengs Zwielichtgeschichten, Teil 2“ steht hinten auf dem Einband – und macht Hoffnung auf mehr! Doch bevor ich mich nach diesem Mehr sehnen kann, widme ich mich ganz dem Jetzt.
Das Jetzt. Das Buch.
Ich holte es mir direkt nach dem Konzert der diesjährigen INTIMUS-Tour in Reutlingen am Merch-Stand und ließ es mir sowohl vom Autor als auch vom Illustrator signieren. Schöne, kurze Begegnungen, noch kürzere Wortwechsel. Das Buch hielt ich auf der ganzen Zugfahrt und dem Nachhauseweg in den Händen. Hauptsächlich der Größe meiner Tasche geschuldet – doch das passte, fand ich.
Asps Geschichten liest man nicht einfach zwischen Tür in Angel, mal eben nebenher. Man muss sich Zeit dafür nehmen. Ich möchte mir Zeit dafür nehmen! Ich wählte den ersten Frühlingssonntag, der warm genug war, um draußen zu lesen, und fuhr raus in den Garten. Weit und breit keine Menschenseele anwesend außer mir, war es der richtige Ort, um in die 49 Strophen einzutauchen.
Da saß ich nun also, auf dem Hochstand, den mein Großvater, mein Vater und mein Bruder gebaut hatten, und mehr als einmal formten meine Lippen die Worte beim Lesen, mehr als einmal sprach ich flüsternd mit, um des Tempos und des Metrums willen, für den Rhythmus, für das Reimschema. Es war nicht das erste Mal, dass Asps Texte nach lautem Lesen verlangten!
Und dieser Text geht eine so wunderbare Symbiose mit seinen Illustrationen ein! Zu sagen, die Holger Muchs Bilder seien lediglich eine Begleitung zu den Versen, würde ihnen nicht gerecht! Weswegen Holger auch vollkommen zurecht gleichberechtigt mit auf dem Cover steht! Es wäre kein Bilderbuch, spielten die Illustrationen die zweite Geige.
Illustrator Holger Much hat die Geschichte um einen alten, knorrigen Weidenbaum, der ein ganzes Dorf schaurig-schrecklich in Atem hält, mit zauberhaften Bildern untermalt! Da ducken sich krumme Häuschen unter einem dräuend bewölkten Himmel ins Feld, fluoreszierende Teiche verbergen Geheimnisse in ihrer Tiefe, Dryaden, Wassermänner und noch seltsamere Wesen umringen den Weidenmann, rundäugige Dörfler lauschen den Erzählungen einer fremden Schönen – und ach, diese Weidenblätter im Herbstwind! Holger Much schafft mit seinen Illustrationen in leuchtenden Farben, in irisierendem Türkis, flammendem Rot, tiefdunklem Violett eine ganz eigen-artige Welt.
Ehe ich mich versah, hatte ich den (groß-)elterlichen Garten verlassen, war in dieser anderen Welt versunken, begleitet von gewisperten Versen – und vielleicht, ganz von ferne, ein wenig Gesang?
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Was für ein wunderbarer Beitrag. Du fasst es so schön zusammen, dass ich mich fühle, als würde ich genauso empfinden – tue ich auch gegenüber einer gewissen Doom Metal Band, die mich zu meinem Roman inspiriert hat; aber das ist eine andere Geschichte 😉
Ich glaube, ich muss mir das Buch mal genauer ansehn. Ein Weidenbaum, Herbst, mystische Kreauturen? Mehr davon!
Meine Liebe! Vielen, vielen Dank! <3 Ich weiß genau, welche Band du meinst … 😉 Und schön, dass wir gegenseitig wissen und so gut nachfühlen können, wie wir jeweils empfinden!
Ja, das Buch könnte dir gefallen – und die anderen beiden ebenfalls!
Ja, Lily, jetzt hast du mich echt neugierig gemacht – nächstes Mal bei dir muss ich mir das Buch ansehen! (Und das Foto von euch beiden, dir und dem Buch, das hat sie schön getroffen, deine kleine Schwester!)
Dann darf es wohl beim nächsten Mal wieder mit auf die Reise gehen. 🙂 Ich bin gespannt, wie du es findest!
(Gell? War gar nicht geplant, dass da sowas bei rauskommt – aber das sind ja oft die besten!)
Hi Lily, schön geschrieben, auch ich fand das Buch (sowohl Text als auch Bilder) toll, es hat mich auch sofort in seinen Bann gezogen und meine Jungs (fast 11 und 12J.), die eigentlich ein Tick zu alt für das Vorlesen von Bilderbüchern sind, waren absolut fasziniert. Tja, Asp überrascht sogar immer wieder seine Mitmusiker : )
Grüße nach Tübingen, Søren.
Hi Søren,
danke dir! 🙂
Toll, die Vorstellung, wie du deinen Jungs das Buch vorliest! Bei einem Blick auf das unterste Brett meines Bücherregals würde ich sogar sagen: Für Bilderbücher ist man nie zu alt, für ganz bestimmte, besondere. Fürs Vorlesen und Vorgelesen-bekommen erst recht nicht! 😉
Ich würde ja sagen, grüße deinen dich überraschenden Mitmusiker herzlich – aber ich freue mich darauf, mich morgen Abend von euch in Karlsruhe selber überraschen zu lassen und evtl. persönlich Hallo zu sagen, wer weiß … 🙂
Liebe Grüße nach unterwegs,
die Lily.